Nassim N. Taleb’s neuestes Werk Antifragilität dreht sich um den von ihm kreierten Begriff Antifragilität. Vor Beginn der Lektüre musste ich mich wiederholt vor mir selbst rechtfertigen, warum ich mir diesen Schmerz zumute, ein ganzes Buch zu lesen, das sich ausschließlich um einen einzigen Begriff dreht. Gedanken wie „die längste Definition der Welt“ schossen mir kurzzeitig durch den Kopf, wurden jedoch schnell wieder von mir verworfen.

Ich wurde auf Taleb durch die Lektüre eines Blogposts von Malcolm Gladwell aufmerksam. Gladwell ist eher ein ziemlich selbstverliebter Wichtigtuer, der meiner Ansicht nach gnadenlos überschätzt wird. Fairerweise muss ich zugeben dass ich nur zahlreiche Blogposts von ihm kenne und kein ganzes Werk von ihm gelesen habe. Die Blogposts sind jedoch einzelne Kapitel seiner Werke. Taleb ist auch in einer Art und Weise von sich überzeugt, die den ein oder anderen Leser durchaus abstoßen könnte. Dennoch sind seine Ansichten und Theorien wesentlich profunder als dies bei Gladwell der Fall ist.

Inhalt

Antifragilität ist die Eigenschaft eines Systems, von zufälligen Ereignissen zu profitieren. Ein fragiles System kann unter Zufallsereignissen (z.B. die Finanzmarktkrise) komplett zerstört werden, während ein antifragiles System (ein Finanzmarkt mit vielen kleinen Banken) nicht so anfällig für derartige Totalzerstörungen ist.

Ein praktisches Beispiel für Antifragilität

Taleb bringt viele Beispiele aus dem Alltag, was für mich eines der stärksten Kaufargumente für dieses Buch ist. Exemplarisch ist folgende Geschichte: Zwei Zwillingsbrüder leben in London, Bruder 1 arbeitet als Sachbearbeiter in einer großen Versicherung. Bruder 2 fährt Taxi. Bruder 1 hat jeden Monat sein festes Einkommen, während Bruder 2 bei Großereignissen gut verdient, jedoch auch gelegentlich einen Abend hat an dem er nur sein Essen verdient. Auf das Jahr gerechnet verdienen die beiden Brüder etwa das Gleiche.

Man könnte – insbesondere in Deutschland – davon ausgehen, dass man dem Job von Bruder 1 den Vorzug geben sollte. Die Volatilität auf den Tag bezogen ist bei Bruder 2 sicher höher, er hat auf den Tag bezogen ein wesentlich unsichereres Einkommen. Auf das Jahr bezogen sind die Einkommen von Bruder 1 und Bruder 2 so gut wie gleich. In einer Wirtschaftskrise ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass der Job von Bruder 1 wegrationalisiert wird, als das eine elementare Dienstleistung des Alltags wie Taxifahren verschwindet.

Das Faszinosum aus Sicht Talebs ist, dass sich Bruder 1 wie ein Truthahn im November (vor Thanksgiving) fühlt. Viele Jahre lang vertraut er dem Bauern, bei dem er gehalten wird. Am Anfang ist er noch kritisch, aber mit der Zeit merkt er dass ihm dieser Mensch ein Dach über dem Kopf gibt, ihn täglich füttert und vieles mehr. Er wird sich zu keinem Zeitpunkt seines Lebens sicherer fühlen als am Tag vor seiner Schlachtung. So ähnlich wird es Bruder 1 ergehen.

Talebs Schlußfolgerungen

Weitere interessante Aspekte des Buches sind die Betonung der Vorteile von kleinen dezentralen Organisationseinheiten. Taleb bezieht sich hier häufig auf die Antifragilität der Schweiz. Außerdem ist er für die Einführung eines Entrepreneur-Feiertages, an dem gescheiterte Entrepreneure gefeiert werden. Diese tragen zur Antifragilität des wirtschaftlichen Systems bei und zeigen auf, in welchen Bereichen wirtschaftliche Aktivität unattraktiv ist. Damit tragen sie zum Wohl des gesamtwirtschaftlichen Systems bei.

Mein Fazit zu Antifragilität

Ich kann dieses Buch empfehlen, wenn man interessiert ist, die Welt aus einer ungewohnten neuen Perspektive zu beleuchten. Ich kann jetzt einige persönliche Ansichten, die ich mir schon vor längerer Zeit zu Eigen gemacht habe, vernünftig anhand des Konzeptes der Antifragilität begründen. Deshalb habe ich zweifellos von der Lektüre profitiert.

Von Markus

Ein Gedanke zu “Nassim N. Taleb – Antifragilität”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert