Archiv der Kategorie: Populärwissenschaft

Chris Lonsdale – The Third Ear – You Can Learn Any Language

Ich bin auf Chris Lonsdale durch seinen TED Talk „How to learn any language in six months” aufmerksam geworden. Chris ist 1981 – in einer Zeit in welcher China noch ein äußerst exotisches Reiseziel war – zum ersten Mal nach China gereist. Sein Plan war, innerhalb von 2 Jahren fließend Mandarin zu sprechen. Dieses Ziel hatte er bereits nach 6 Monaten erreicht (er sprach nicht wie ein Muttersprachler, konnte sich aber fließend verständigen).

Chris Lonsdale TED TalkIn diesem Buch will Chris Lonsdale zeigen, wie ein Erwachsener eine neue Sprache schnell, leicht und effektiv lernen kann. Dabei greift Lonsdale auf seine Erfahrungen mit dem Thema (Sprachen-) Lernen zurück, mit welchem er sich seit seinem 12. Lebensjahr beschäftigt.

Die Methode von Chris Lonsdale

Im Laufe von The Third Ear gibt Lonsdale eine Vielzahl von Tipps (5 Prinzipien und 7 “Actions”), die er seitenlang auf Basis seiner eigenen Erfahrungen erörtert. Exemplarisch ist z.B. die kontinuierliche Auseinandersetzung mit der zu lernenden Sprache. Auch wenn man erst am Beginn des Lernprozesses ist, solle man sich seiner Meinung nach so häufig wie möglich der neuen Sprache aussetzen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob man das Gehörte auch versteht. So kann man beispielsweise fremdsprachige Nachrichtenstreams ansehen oder Radiosender hören.

Später beim Lernen der Wörter wird es einem unbewusst leichter fallen, sich die Wörter zu merken und sie später auch in einen Kontext zu bringen. Lonsdale räumt auch mit einigen Mythen auf, wie etwa die Redensart, dass es Kindern leichter fällt (Sprachen) zu lernen. Stattdessen zeigen Beobachtungen, dass Kinder nur deshalb schneller neue Sprachen lernen, da sie bei einem Umzug ins Ausland meist vom 1. Tag an der neuen Sprache ausgesetzt sind und viel mehr Zeit als ihre Eltern mit dieser verbringen. Untersuchungen zu diesem Thema haben laut Lonsdale gezeigt, dass bei ähnlichem Zeitinvestment Erwachsene die Sprache sogar schneller gelernt haben.

The Third Ear – Fazit

Jeder, der wirklich Interesse am Lernen von Sprachen hat, jedoch frustrierende Barrieren im Kopf hat, wird seiner Motivation mit dieser Lektüre ankurbeln können. Vor allem für Leser fortgeschrittenen Alters dürfte das Buch von Chris Lonsdale als Inspiration dienen. Wer jedoch eine technische Anleitung sucht, wird mit diesem Buch nicht glücklich werden. The Third Ear enthält derart viele biografische Informationen und Anekdoten aus dem Leben des Autors, dass es eigentlich nur zu 50% als Lernratgeber bezeichnet werden kann.

Nassim N. Taleb – Antifragilität

Nassim N. Taleb’s neuestes Werk Antifragilität dreht sich um den von ihm kreierten Begriff Antifragilität. Vor Beginn der Lektüre musste ich mich wiederholt vor mir selbst rechtfertigen, warum ich mir diesen Schmerz zumute, ein ganzes Buch zu lesen, das sich ausschließlich um einen einzigen Begriff dreht. Gedanken wie „die längste Definition der Welt“ schossen mir kurzzeitig durch den Kopf, wurden jedoch schnell wieder von mir verworfen.

Ich wurde auf Taleb durch die Lektüre eines Blogposts von Malcolm Gladwell aufmerksam. Gladwell ist eher ein ziemlich selbstverliebter Wichtigtuer, der meiner Ansicht nach gnadenlos überschätzt wird. Fairerweise muss ich zugeben dass ich nur zahlreiche Blogposts von ihm kenne und kein ganzes Werk von ihm gelesen habe. Die Blogposts sind jedoch einzelne Kapitel seiner Werke. Taleb ist auch in einer Art und Weise von sich überzeugt, die den ein oder anderen Leser durchaus abstoßen könnte. Dennoch sind seine Ansichten und Theorien wesentlich profunder als dies bei Gladwell der Fall ist.

Inhalt

Antifragilität ist die Eigenschaft eines Systems, von zufälligen Ereignissen zu profitieren. Ein fragiles System kann unter Zufallsereignissen (z.B. die Finanzmarktkrise) komplett zerstört werden, während ein antifragiles System (ein Finanzmarkt mit vielen kleinen Banken) nicht so anfällig für derartige Totalzerstörungen ist.

Taleb bringt viele Beispiele aus dem Alltag, was für mich eines der stärksten Kaufargumente für dieses Buch ist. Exemplarisch ist folgende Geschichte: Zwei Zwillingsbrüder leben in London, Bruder 1 arbeitet als Sachbearbeiter in einer großen Versicherung, Bruder 2 fährt Taxi. Bruder 1 hat jeden Monat sein festes Einkommen, während Bruder 2 bei Großereignissen gut verdient, jedoch auch gelegentlich einen Abend hat an dem er nur sein Essen verdient. Auf das Jahr gerechnet verdienen die beiden Brüder etwa das Gleiche. Man könnte – insbesondere in Deutschland – davon ausgehen, dass man dem Job von Bruder 1 den Vorzug geben sollte. Die Volatilität auf den Tag bezogen ist bei Bruder 2 sicher höher, er hat auf den Tag bezogen ein wesentlich unsichereres Einkommen. Auf das Jahr bezogen sind die Einkommen von Bruder 1 und Bruder 2 so gut wie gleich. In einer Wirtschaftskrise ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass der Job von Bruder 1 wegrationalisiert wird, als das eine elementare Dienstleistung des Alltags wie Taxifahren verschwindet. Das Faszinosum aus Sicht Talebs ist, dass sich Bruder 1 wie ein Truthahn im November (vor Thanksgiving) fühlt. Viele Jahre lang vertraut er dem Bauern, bei dem er gehalten wird. Am Anfang ist er noch kritisch, aber mit der Zeit merkt er dass ihm dieser Mensch ein Dach über dem Kopf gibt, ihn täglich füttert und vieles mehr. Er wird sich zu keinem Zeitpunkt seines Lebens sicherer fühlen als am Tag vor seiner Schlachtung. So ähnlich wird es Bruder 1 ergehen.

Weitere interessante Aspekte des Buches sind die Betonung der Vorteile von kleinen dezentralen Organisationseinheiten, wobei sich Taleb in Antifragilität häufig auf die Schweiz bezieht. Außerdem ist er für die Einführung eines Entrepreneur-Feiertages, an dem gescheiterte Entrepreneure gefeiert werden, da sie zur Antifragilität des wirtschaftlichen Systems beitragen und aufzeigen, in welchen Bereichen wirtschaftliche Aktivität unattraktiv ist, und damit zum Wohl des gesamtwirtschaftlichen Systems beitragen.

Mein Fazit zu Antifragilität

Ich kann dieses Buch empfehlen, wenn man interessiert ist, die Welt aus einer ungewohnten neuen Perspektive zu beleuchten. Ich kann jetzt einige persönliche Ansichten, die ich mir schon vor längerer Zeit zu Eigen gemacht habe, vernünftig anhand des Konzeptes der Antifragilität begründen und habe deshalb zweifellos von der Lektüre profitiert.

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